Die Deals meines Lebens

Einmal maßgeschneidert mit allem bitte – aber gratis!

Neuer Haarschnitt, neue Brille, neuer Anzug. Als Agenturchef weiß man, seine Wirkung nach außen hin bewusst einzusetzen. Und man weiß, wie man richtig einkauft: Es werden nur diejenigen bezahlt, die es am besten gemacht haben. Deal, Super-Deal oder doch lieber gar kein Deal? Eine nicht ganz ernst gemeinte Shoppingtour.

Ulli beim Barbier
© Kai Bartling

Erster Deal – Ich bezahle nur den Besten

Ein Blick in den Spiegel reicht manchmal aus, um zu erkennen, es muss etwas passieren. Mir erging es jedenfalls kürzlich so. Als Erstes brauchte es dringend einen neuen Haarschnitt. In der realen „Börbenstriet“, in unmittelbarer Nähe unserer Agentur, gibt es allein vier Friseure. Eine schwere Entscheidung, zu wem man da geht. Also dachte ich mir, ich mache es anders und probiere sie einfach alle mal aus.

Eine neue Kurzhaar-Frisur sollte es sein, vielleicht auch ein bisschen Farbe, um die Grautöne meines erfahrungsreichen Lebens zu übertünchen. Natürlich sollte es mich auch ein wenig jünger machen. Als Agenturchef habe ich mit der Außenwirkung Erfahrung und weiß, wie wichtig sie ist. Frisurentechnisch habe ich bei mir selbst allerdings nicht immer so ein gutes Händchen. Deshalb hatte ich mir dieses Mal vorgestellt, dass ich die Friseure nach einer ausführlichen Beratung einfach mal machen lasse. Zahlen wollte ich erst, wenn es mir wirklich gefällt und natürlich auch nur bei dem, der es nach allen Terminen am besten gemacht hat. Sonst nicht. Deal.

Ulli beim Optiker
© Kai Bartling

Zweiter Deal – alles individuell angefertigt, natürlich zur Auswahl

Bei zwei, drei Augenoptikern ging es dann um eine neue Brille: Fünfundvierzig Minuten brauchte der erste für die Überprüfung meiner Augen. Danach ein langes Beratungsgespräch. Eine Brillenfassung auszusuchen ist bei der Vielzahl an Modellen nicht so einfach, dann noch die richtigen Gläser und wer weiß, was die anderen noch im Angebot haben… Ich konnte mich nicht entscheiden und verlangte schließlich bei jedem, dass er mir meine Favoriten einfach mal anfertigt. Ich trug dann alle Modelle abwechselnd zur Probe und brachte nach rund drei Wochen die zurück, die mir nicht gefielen. Eine Bezahlung gab es dann für das Modell, das ich letztendlich behielt. Alle anderen konnten ja bestimmt noch anderweitig an den Mann gebracht werden … Obwohl …, bei den unterschiedlichen Sehstärken? … Egal – super Deal, oder?

Dritter, vierter, fünfter …

Ähnliches habe ich dann noch bei einem Herrenausstatter, einem Fitnessstudio und in einem Schuhladen durchgezogen, bis ich mit der Erscheinung meines Spiegelbilds endlich zufrieden war. Das gesamte Procedere fand ich äußerst inspirierend. Diese vielen tollen Ideen und wie man sich um mich gekümmert hat, und das alles für lau. Einfach toll!

Ulli beim Herrenausstatter
© Kai Bartling
Jetzt werden Sie denken, wie bekloppt die alle sein müssen…

Viel Arbeit. Jede Menge Unkosten. Und hinterher hat der Anbieter vielleicht gar nichts in der Kasse. Warum sollte das wohl jemand machen? Ja, das frage ich mich auch.

So läuft das in der Werbebranche

Was in Alltagssituationen tatsächlich nie vorkommen würde, scheint in unserer Branche völlig normal zu sein. Bei uns heißt das einfach nur cool: „Pitch“. Das bedeutet nach Belieben einkaufen in Form eines Wettbewerbs, bei dem verschiedene Agenturen gegeneinander antreten.

Das läuft so: Firma XY braucht beispielsweise eine neue Lead-Agentur und schreibt einen entsprechenden „Pitch“ aus. Manchmal mehr, manchmal weniger aussagekräftig werden Informationen in einem Briefingpapier an die ausgewählten Agenturen geliefert. An einem festgelegten Präsentationstermin sollen dann alle anreisen und zeigen, was sie drauf haben.

Firma XY will natürlich etwas sehen: Gefordert wird eine Analyse sämtlicher Kommunikationskanäle. Eine Wettbewerbsanalyse wäre ebenfalls schön – vor allem in Bezug auf die Kommunikation der Wettbewerber. Dazu sollen dann Optimierungspotenziale erarbeitet, relevante Trends abgebildet und schließlich zwei Vorschläge für eine neue Kampagne vorgestellt werden – das volle Programm also.

Ganz am Ende der Ausschreibung steht dann das, was ich bereits erwartet habe: Es gibt keine Vergütung, und sämtliche Rechte an den vorgestellten Ideen sollen dem Auftraggeber übertragen werden. Nur der Gewinner bekommt 3.000 Euro, die anschließend jedoch mit den folgenden Aufträgen verrechnet werden. Bei mir steigt trotz Blutdrucksenker und Betablocker sofort der Stresspegel. Aus den Augenwinkeln lächelt mich schon der Aktenvernichter an und meine Hand zuckt in Richtung Telefon. Den Marketingleiter würde ich gerne gleich mal fragen, ob er noch klarkommt!

Doch ich atme tief durch und denke einfach: „Kein Deal“.

Wertschätzung statt Wertminderung

Ich frage mich, was ist in unserer kreativen Branche so verdammt schief gelaufen? Wer sind wir, dass man sich bei uns offensichtlich bedienen kann, wie es gerade passt? Anfertigen lassen, ausprobieren, aber nicht bezahlen. Was für eine Mentalität macht sich da bei Unternehmen und auch bei den Agenturen breit? Gibt es nur bei uns laufende Kosten, die spätestens am Monatsende vom Konto abgehen? Ich möchte auf den Boden der Tatsachen zurück und ebenso fair behandelt werden, wie es anderswo üblich ist: angemessene Bezahlung für erbrachte Leistungen.

Der Friseur, der Optiker und der Herrenausstatter bekommen ihre Aufträge aufgrund eines Vertrauensvorschusses, weil mir gefällt, was sie sonst so gemacht haben, was sie in der Auslage haben oder weil sie mir jemand empfohlen hat. Ich gehe einfach davon aus, dass sie einen guten Job machen werden.

Bei Agenturen frisst die Vorbereitung auf einen Pitch bis hin zur Präsentation enorme Kapazitäten – personell wie auch zeitlich. Und das alles für eine vergleichsweise geringe Chance, den Auftrag tatsächlich zu bekommen. Hat man den Pitch verloren, bedeutet das – und an der Stelle ballt sich bei mir dann die Faust – verbranntes Geld, verbrannte Motivation, ohne Aufwandsentschädigung. Es gibt für eine Agentur nichts Frustrierenderes. Ich bin schon lange nicht mehr bereit, das weiter zu finanzieren, so groß auch die Verlockung und das Interesse an neuen Projekten ist. Kein Pitch – kein Deal. Für uns ist das besser so.

© Kai Bartling

Es geht auch anders

Wenn Sie auf der Suche nach einem neuen Partner sind, lernen Sie die Agentur am besten in einem Vorstellungsgespräch persönlich kennen. Man erkennt sehr schnell, ob eine Zusammenarbeit für beide Seiten sinnvoll ist und ob die Chemie stimmt. Ob man Sie versteht und Ihren Ansprüchen genügt.

Sie müssen nicht die Katze im Sack kaufen: Setzen Sie eine bezahlte Probearbeit zum Kennenlernen um. Mit dieser Probearbeit werden Sie viel mehr über die Agentur und das Team erfahren als in einem Pitch.

Wenn dieser erste Job zu Ihrer Zufriedenheit verläuft, haben Sie schon eine sehr gute Basis. Zudem können Sie Kriterien überprüfen, die nicht im Pitch, aber im Tagesgeschäft später sehr wohl relevant sind, wie zum Beispiel Beratungskompetenz, Sorgfalt, Termintreue oder Kostensicherheit. Beide Seiten haben einfach mehr davon. Ein echter Deal.

Tipps zur Agentursuche

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